Schulgeschichte
Julius Ostendorf
„Jede Zeit verlangt und gebiert ihre eigene Schule; jede neue Entwicklung ruft neue Schulgestaltung mit Notwendigkeit hervor.“
Julius Ostendorf, 1872 – anlässlich seiner Antrittsrede „Volksschule, Bürgerschule und höhere Schule“ als Direktor der Realschule in Düsseldorf am 1. April 1872 (abgedruckt im Pädagogischen Archiv, Heft 8/1872)
Das höhere Schulwesen in Lippstadt hat seine Wurzeln in der Lateinschule vom 1247, geleitet von Magister Justinus. Zeugnis ist u.a. das von ihm in lateinischer Sprache verfasste Heldenepos „Lippiflorium“ auf den Stadtgründer Bernhard II. Über die Jahrhunderte hatte Lippstadt eine wechselvolle Schulgeschichte mit vielen Höhen und Tiefen. Herausragende Schulleiter waren im 18. Jahrhundert Magister Andreas Cappelmann, der eine neue Schulordnung entwarf unter stärkerer Berücksichtigung der deutschen Sprache und der Realien, Christian Balthasar Lehmus, Johann Gottfried Christian Nonne, Johann Heinrich Philipp Seidenstücker (in der Übergangszeit vom 18. ins 19. Jahrhundert), anschließend Ernst Georg Wahlert und dann Julius Ostendorf.
(Quelle: Lippstädter Spuren 12/1997; 750 Jahre höhere Schule in Lippstadt – Von der Lateinschule zum Ostendorf-Gymnasium)
Julius Ostendorf (1823 – 1877) hatte seine gerade begonnene Karriere als Lehrer aus nicht näher bezeichneten Krankheitsgründen unterbrechen müssen. Er verzichtet 1847 auf die ihm bereits bewilligte Stelle am Gymnasium in Wesel (heute Duden-Gymnasium). In den Bewerbungsakten bescheinigte man ihm „gute Kenntnisse und Lehrgabe – mit kleinen Mängeln, namentlich im zu schnellen Docieren“ und bot ihm ein Gehalt von „450 Reichsthalern“ an. Ostendorf ging in seine Heimatstadt Soest zurück, wo seine verwitwete Mutter lebte, und engagierte sich dort im allgemeinen politischen Aufbruch. Er stellte sich der Öffentlichkeit dabei als geschickter und überzeugender Redner dar und wurde letztlich als zweitjüngster Abgeordneter („Reichsprimaner“) in die Paulskirchenversammlung gewählt. Über seine Zeit in Frankfurt und anschließend im sog. Nachparlament von Gotha berichtete er in zahlreichen Leserbriefen an seine Soester Wähler.
Politisch enttäuscht kehrte Ostendorf wieder nach Soest zurück, wo er als Privatlehrer seinen Unterhalt verdiente. 1850 wurde ihm eine Vertretungsstelle an der auf eine höhere Bürgerschule herabgesunkenen Lippstädter Schule angeboten. Nach dem Tod des erkrankten Direktor Wahlert übernahm 1851 die Leitung der Schule und machte sie durch energische Reformen zur Realschule (1856) und Realschule 1. Ordnung (1859) und damit zu einem Anziehungspunkt für viele auswärtige Schüler. Ostendorf leitete die Schule bis Ostern 1872. Dann wurde er nach Düsseldorf beordert, um die Leitung der dortigen „Realschule an der Klosterstraße“ zu übernehmen.
Prof. Dr. Hermann Müller
Voraussetzung für den Aufstieg der Lippstädter Schule war die Auswahl geeigneter Lehrer. Einer der herausragendsten unter ihnen war der Biologe Prof. Dr. Hermann Müller, der als Begründer des modernen Biologieunterrichts angesehen werden muss. Seine wissenschaftlichen und pädagogischen Verdienste wurden im September 2008 zu seinem 125. Todestag in einem Syposium am Ostendorf-Gymnasium aufgearbeitet und dargestellt. Informationen dazu finden Sie auf unserer Homepage zum Müller-Gedenkjahr. Inzwischen wurden die Forschungen um Hermann Müller erheblich erweitert, da zahlreiche Tagebücher von ihm aufgetaucht sind und zur Zeit ausgewertet werden. Bisher sind zwei Bücher über die Müller-Forschung auf dem Markt.
Den an der Schulgeschichte Interessierten stehen folgende PDF-Dokumente zu Einzelthemen zur Verfügung:
Ostendorfs Leserbriefe aus der Paulskirche
http://www.historische-bildungsforschung-online.de/hbo_set.html?Id=420
Aufsatz über 150 Jahre Ostendorf-Schulprogramme