Berichte  
Mörderisches bei den Lippstädter „Schultheatertagen“

Quelle: Der Patriot, 13.06.2024

Von Dietmar Gröbing

Die entsetzte Katja (Nina Schulte-Stratmann) entdeckt die Leiche ihres Freundes Sascha (Izet Oglou). Eine dramatische Szene aus dem Stück „Die Schatten der Rache“. Foto: Gröbing

Lippstadt – In einer Wegwerfgesellschaft wie der unsrigen kommt dem „Do it yourself“-Prinzip bestenfalls eine Nebenrolle zu. Vor diesem Hintergrund ist das Engagement des Literaturkurses des Ostendorf-Gymnasiums umso höher einzuschätzen. Die zugehörigen Schülerinnen und Schüler haben ein eigenes Theaterstück verfasst. Aufgeführt wurde es am Dienstag im Rahmen der „Schultheatertage“ des Kulturrings.

Auf dem Programm steht „Die Schatten der Rache – Ein Szenario aus Beschuldigungen und Hinterhalt“. Ort der Ereignisse ist die Lippstädter Studiobühne. Vor der Spielfläche sind etliche Neugierige versammelt. 140 Interessierte, die meisten aus dem familiären beziehungsweise schulischen Umfeld der Gymnasiasten, blicken gespannt Richtung Bühne, als die Geschehnisse pünktlich um 19 Uhr einsetzen.

Zunächst in Form einer ausgelassenen Party zum Schuljahresende, die schrittweise ihrem „Höhepunkt“ entgegenstrebt. Wenig überraschend hat das Autorenteam eigene Begehrlichkeiten in die Handlung eingebaut, möchten die Pennäler nach Abschluss des Schuljahres doch ordentlich auf die Pauke hauen. Gesagt, getan und wenig später erwächst im Stück die schuleigene Sporthalle zum Epizentrum der guten Laune. Weil das aber nicht alles gewesen sein kann, kippt die Stimmung wenig später ins Gegenteil.

Alle Ausgänge sind verschlossen, der Handyempfang ist gestört. Damit nicht genug: Schüler Sascha (Izet Oglou) bricht aus heiterem Himmel tot zusammen, woraufhin Fragen nach Schuld und Unschuld auf den Plan rücken. Und Fragen nach dem zitierten Genre.

Handelt es sich um einen „Locked Room“-Thriller innerhalb eines klassischen „Who done it?“-Plots? Ja und nein. Ja, weil die unter der Leitung von Jana Mersch entwickelte Story die gängigen Eckpunkte der Gattung bedient. So scheinen alle in der Sporthalle ein (Mord-)Motiv zu besitzen. Allerdings beginnt man früh zu ahnen, dass das Ganze doppelbödig angelegt ist, was gegen ein reines Genre-Zitat spricht.

Just als die vermeintliche Täterin überführt ist, klärt eine eingespielte Filmsequenz über die Hintergründe auf. Sascha ist keineswegs tot, sondern hat die Geschehnisse lediglich geträumt. Sein Erwachen geht mit einem Läuterungsprozess einher, in dessen Verlauf Sascha eingesteht, sich und sein Verhalten gegenüber anderen Personen ändern zu wollen. Somit hat niemand mehr einen Grund, ihn aus dem Weg zu räumen.

Übergeordnet behandelt das 45-minütige, durchweg gelungen interpretierte Werk die Themenkomplexe Mobbing, Drogenkonsum, kulturelle Unterschiede und den Umgang mit Social Media. Sämtliche Sujets sind im Alltag der Schülerinnen und Schüler präsent, was die Vorgänge ebenso lebensnah wie relevant macht.

Genau das war das Ziel der 17 Beteiligten. Und das Ziel von Kursleiterin Jana Mersch: „Wenn wir die Schüler nicht in ihrer Lebenswirklichkeit abholen, wo dann?“

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