Berichte  
„Ich helfe, wo ich helfen kann“

Schülerin Rebecca Kißio gibt einem syrischen Mädchen in ihren Freistunden Deutsch-Unterricht

Frühling, Sommer, Herbst, Winter: In einer Freistunde bringt die 18-jährige Rebecca Kißio der zwölfjährigen Islam die Jahreszeiten bei.

Das syrische Mädchen ist seit drei Monaten in Deutschland. So unterstützen 15 Schüler und Lehrer am Ostendorf-Gymnasium geflohene Jugendliche dabei, schneller in den Schulalltag einzutauchen. Juliane Klug hat Rebecca Kißio interviewt.

Wie kam es zu der Idee mit dem Unterricht und was war deine Motivation?
Kißio: Ich bin im Deutsch-Lk. Dort wurden wir von unserer Lehrerin angesprochen. Und ich hatte passende Freistunden. So kam das. Es macht mir persönlich auch sehr viel Spaß, weil ich mich dafür interessiere, später auch mal Deutsch zu unterrichten, das zu studieren. Außerdem helfe ich einfach unglaublich gern Menschen, habe irgendwie einen sozialen Tick. Wenn ich merke, dass ich irgendwo helfen kann, tue ich das. Wenn man sich hineinversetzt in die Situation der Menschen, die nach Deutschland fliehen, würden wir ja auch wollen, dass uns jemand hilft.

Machst du immer Einzelunterricht?
Kißio: Jetzt schon. Letztes Halbjahr hatte ich auch mal vier Flüchtlinge gleichzeitig, weil es nicht anders ging. Langsam melden sich aber immer mehr Freiwillige, die sagen: ‚Ich möchte richtig gern helfen, dass sich die Flüchtlinge schneller integrieren und lernen können‘.

Hattest du Vorurteile?
Kißio: Nein. Ich würde von mir sagen, dass ich ein vorurteilsfreier Mensch bin. Man muss andere ja erst kennen, bevor man urteilt.

Ist es an dieser Stelle besser, dass Schüler Schülern etwas beibringen?
Kißio: Kinder oder Jugendliche, die hier her kommen, haben viel schneller einen Bezug zu einer Person, die im gleichen Alter ist als zu einer Lehrkraft. Ich denke, das ist ein ganz anderes Lernverhältnis.

Woher bekommt ihr denn das Material für den Unterricht?
Kißio: Es gibt von der Awo ein Heft, in dem grundlegende Dinge drin stehen. Von der Schule haben wir auch eins. Und es gibt Lehrer, an die wir uns wenden und nach Material fragen können.

 

Der Patriot, 12.3.2016